Lernwelten - Kindergarten Bad Driburg

Für die Durchführung von Beratungen im Zusammenhang mit einem Auftrag sind nicht nur Geduld und professionelle Beratungsunterlagen, sondern auch Kreativität gefragt.

Irene Nüsse ist Leiterin der Evangelischen Kindertageseinrichtung mit Familienzentrum NRW in Bad Driburg, einer Stadt in Ost-Westfalen, etwas östlich von Paderborn gelegen. Als Leiterin des Kindergartens war sie gleichzeitig auch Kundin eines Malerbetriebes, weil der Kindergarten neu gestaltet wurde. „Die neue Raumgestaltung ist bei allen sehr gut angekommen. Die harmonischen Farbabstimmungen wirken sehr stilvoll. Die gut abgestimmte Farbwahl wirkt beruhigend, zugleich anregend und gibt jedem ein ‚Wohlgefühl‘. Die Räume sind hell, strahlend und wirken einladend. Das Mitarbeiterteam identifiziert sich mit der sehr gelungenen Gestaltung und auch Eltern/Besucher sind begeistert. Es ist modern und einfach schön!“ Für Malermeister Dietmar Ahle ist das ein Zeichen, dass er alles richtig gemacht hat. Der 54-Jährige ist Inhaber und Geschäftsführer eines Malerbetriebes in Paderborn. Den Betrieb gibt es seit 1922, er selbst hat die Leitung 1990 übernommen. Mit seinen 30 Mitarbeitern deckt er den gesamten Bereich der Malertätigkeit ab. Zu 90% hat er Privatkunden. Aber eben auch einige gewerbliche / öffentliche Kunden.

Außergewöhnlicher Anspruch

Das Kompliment der Leiterin des Kindergartens dürfte den Maler in seinem ehrgeizigen Anspruch bestärkt haben, den er auf seiner Homepage veröffentlicht: „…Dietmar Ahle, der bester Malermeister in Deutschland werden will.“ Wer mit ihm spricht, der merkt schnell, dass er dies durchaus ernst meint. „Für uns steht hochwertige Gestaltung im Vordergrund. Wir waren schon immer ein Betrieb, der über den Tellerrand hinaus blickt.“ So hat er beispielsweise einen Kreis von Unternehmern gegründet, die aus den unterschiedlichsten Bereichen stammen, um sich gegenseitig auszutauschen und natürlich auch Aufträge zu bekommen. Oder aber der hauseigene Webshop, in dem er unter anderem exklusive Tapeten aus England und Kunstobjekte verkauft.

Vor allem die hochwertige Gestaltung liegt ihm am Herzen. „Wir bekommen viele Aufträge, weil sich herumgesprochen hat, dass die Kunden bei uns nicht nur erstklassig beraten werden, sondern auch attraktiv gestaltete Räume bekommen. Eine Kundin hat es einmal auf den Punkt gebracht: Unserem Maler fällt nur Rauhfaser ein, Sie machen die schönen Dinge.“

     

Beratungsanfrage

Offensichtlich scheint hier etwas dran zu sein. Dagmar Kleinemeier ist Architektin in Altbeken in der Nähe von Paderborn. Im Herbst 2012 war sie mit der Neugestaltung der Kindertageseinrichtung der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Driburg beauftragt. Eigentlich war bereits ein Malerbetrieb für die Arbeiten vorgesehen. „Wir suchten einen Malerbetrieb zur Entwicklung eines Farbkonzeptes für den Innenbereich. Bei der Suche fiel uns das Buch "Farben der Gesundheit", Herausgeber Axel Venn, positiv auf, das auch über den Malerbetrieb Ahle zu beziehen ist. In diesem Buch befindet sich ein Farbfächer, dessen Farbaufbau den Gestaltungsprinzipien von Harmonie, Balance und Ähnlichkeit folgt. Dieses Konzept sollte nun der Malerbetrieb Ahle für die Kindertageseinrichtung der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Driburg erarbeiten“, berichtet sie. Wie ernst dieses Anliegens zu nehmen ist, zeigt sich darin, dass der Bauherr sogar bereit gewesen ist, die Beratung zu bezahlen, wenn sich daraus kein Auftrag ergeben sollte. „Wir hatten mit der Architektin bis dahin noch keinen Kontakt und freuten uns daher umso mehr über die Anfrage. Das Foyer des Kindergartens war bereits neu, nun ging es noch um die Gruppen- und Waschräume.“ Insgesamt wurden 200 m² Boden, 225 m² Wände und 140 m² Sockel neu gestaltet und zusätzlich noch in den Waschräumen Holzwände lackiert werden.  

Lernwelten

Wie wurde die Gestaltung in dem Kindergarten festgelegt? „Wir haben zunächst die Erzieherinnen mit einbezogen, indem wir ihnen ausgewählte Farbmuster vorgelegt haben. Die haben wir aus der Beratungsunterlage ‚Lernwelten‘ von Caparol entnommen“, berichtet Dietmar Ahle.

Martina Lehmann ist Gestalterin im FarbDesignStudio von Caparol. „Wir haben mit den ‚Lernwelten‘ eine Beratungshilfe für Malerbetriebe und Planer speziell für die Anwendung in Bildungseinrichtungen erarbeitet. Entstanden ist sie zusammen mit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. Die Collagenbücher zeigen exemplarische Farb- und Materialkombinationen auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen: gestalterische Grundsätze, visuell ergonomische und entwicklungspsychologische Aspekte.“ Entstanden sind drei Ordner mit Kombinationsvorschlägen von Wandfarben in Verbindung mit Linoleum jeweils für Spiel- / Lern- und Multifunktionsräume sowie für Flurbereiche. Martina Lehmann erklärt das Besondere an der Gestaltung für Bildungseinrichtungen. „Wir haben es hier mit Räumen zu tun, die unterschiedliche Funktionen haben und in denen sich die Kinder, Jugendlichen oder Studenten unterschiedlich lange aufhalten. Daher müssen sie auch unterschiedlich gestaltet sein. In den eigentlichen Lernräumen beispielsweise muss die Farbgebung etwas ruhiger sein, da sind weniger knallige Farben angebracht.“ Sie fährt fort: „Es gibt auch Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Bei kleinen Kindern in Kindergärten sollten der Raum als schützende Hülle wahrgenommen werden. Deshalb sind warme, hellklare Farben zu empfehlen, die nicht so stark kontrastieren. Die kleinen Kinder können noch nicht so viele Reize aufnehmen, daher lenken diese Farben nicht so stark ab.“

Kreativer Entscheidungsprozess

Der Entscheidungsprozess über die Gestaltung brachte jedoch eine Hürde mit sich. Dietmar Ahle: „In den Gruppenräumen waren jeweils unterschiedliche Erzieherinnen tätig. Die Folge war, dass es auch sehr unterschiedliche Farbvorstellungen gegeben hat. Jede Erzieherin hatte ihre Lieblingsfarbe, die sie unbedingt in dem jeweiligen Raum verwirklicht sehen wollte.“ Der Malermeister weiter: „Das kann ich gut verstehen, aber wir haben davon abgeraten. Zum einen waren die Erzieherinnen ja nicht ausschließlich nur in einem Raum tätig, zum anderen musste die Gestaltung der Räume natürlich in ein Gesamtkonzept passen.“

Die Folge war ein ungewöhnlicher Vorschlag: „Als ich dann überlegt habe, wie ich mit der Situation umgehen kann – und natürlich, wie ich den Auftrag bekomme, ist mir der Gedanke gekommen, ich könnte doch die Kinder fragen.“ Der Vorschlag stieß sofort auf Zustimmung. „Kinder haben eine andere Perspektive. Sie sind zum einen wesentlich unbefangener, gleichzeitig sehen sie die Räume eher von unten.“ Was dann genau passierte, beschreibt Architektin Dagmar Kleinemeier so: „Vom Malerbetrieb wurden vorbereitete größere Farbmuster  für Bodenbelag, Sockel und Wände auf dem Boden ausgelegt. Die Kinder wählten ihre Lieblingsfarben für den jeweiligen Bestimmungsort, indem sie spontan auf die ihnen gefallenden Muster zu rannten. Im nächsten Schritt fertigte Herr Ahle aus diesen gewählten Farben für drei Gruppen mit jeweils Gruppenraum, Nebenraum und Waschraum ein Musterblatt mit Boden-, Sockel- und Wandfarbe an. Daraus wählten nun die Erzieherinnen ihre Gruppenfarben. Planung und Leitung staunten über die Zufriedenheit aller Beteiligten und über das lebensfrohe und zugleich in Balance gehaltene Farbkonzept.“

   

Wir möchten uns recht herzlich beim Caparol Team für die tolle Unterstützung bedanken!!

 

Text: Kay Sonntag, Ober-Ramstadt

Fotos: Studio Blickfang, Paderborn

Copyright: Caparol, Ober-Ramstadt